Wieder Meinungsmache in den Medien: Ohne die USA wäre Europa angeblich militärisch am Ende
Die Medien haben am Montag von einer Studie berichtet, die errechnet haben will, wie teuer es die Europäer kommen würde, wenn die USA die Nato verlassen. Diese Artikel sind unter der Rubrik Meinungsmache einzuordnen, wie wir gleich sehen werden.
Der ursprüngliche Original-Artikel findet sich im Spiegel unter Spiegel-Plus unter der Überschrift „Militärausgaben in Europa – So teuer wäre ein Nato-Ausstieg der USA“ und ist daher nicht kostenfrei. Aber dank Internet kann man ja auch andere Medien zu Hand nehmen, die darüber dann berichtet haben. Ich habe mich für die FAZ entschieden, bei der der Titel lautete „MILITÄRAUSGABEN: Nato-Austritt Amerikas würde Europa mehr als 350 Milliarden Dollar kosten„.
Nun muss man wissen, dass ein Nato-Austritt der USA völlig unrealistisch ist. Die Nato ist das Instrument, mit dem die USA den Eurasischen Doppelkontinent dominieren. Ein Rückzug der USA aus der Nato würde bedeuten, dass die USA freiwillig auf den Status als allein führende Weltmacht verzichten. Und das hat es in der Geschichte noch nie gegeben, dass ein die Welt beherrschendes – oder zumindest die Welt dominierendes – Imperium freiwillig und ohne Not auf diese Macht verzichtet.
Trotzdem soll den Europäern vor einem solchen unrealistischen Szenario Angst gemacht werden. Man möchte, dass die Europäer endlich den Forderungen der USA folgen, mehr für Rüstung auszugeben. Frei nach dem Motto: Ohne die USA würde es noch teurer, dann doch lieber mit den USA gemeinsam.
Also mussten die Zahlen der Studie entsprechend hoch und erschreckend ausfallen, was auch geschehen ist. Wie wir sehen werden, gibt es jedoch allen Grund, die Zahlen anzuzweifeln.
Berichtet wurde in den Medien über eine Studie des Londoner International Institute for Strategic Studies (IISS), die zu dem Ergebnis gekommen ist,
„dass Europa mit Kosten von mehr als 350 Milliarden Dollar rechnen muss, sollten die Vereinigten Staaten aus der Nato austreten. Dies hatte eine noch unveröffentlichte Studie, die dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vorliegt berechnet. In der Studie untersuchen Militärfachleute anhand von zwei unterschiedlichen Szenarien die Kosten, welche auf Europa zukämen, sollte eines der beiden eintreten.“
Natürlich wurde zunächst nur das teurere der beiden Ergebnisse herangezogen, um den Leser mit dem Worst Case zu schockieren. Dabei allerdings geht es um einen Krieg mit Russland, wie wir gleich sehen werden.
Aber selbst das „billigere“ Szenario kommt auf Kosten von ca. 140 Milliarden Euro. Dabei wurde angenommen, dass Europa die weltweiten Seewege komplett selbst verteidigen müsste und dafür Dutzende neue Kriegsschiffe benötigt. Nun ist das recht unrealistisch, denn die weltweiten Handelswege zur See wollen nicht nur die Europäer schützen, sondern auch China, Russland und die USA. An reibungslosem Handel sind alle interessiert und man könnte und würde die Aufgaben verteilen. Quasi als Schicksalsgemeinschaft, die gemeinsam den Handel schützen will, auch wenn man sich in allen anderen Punkten der weltpolitischen Agenda uneinig wäre.
Und das ist keineswegs meine unqualifizierte Meinung. Vielmehr sieht man genau das schon seit Jahren zum Beispiel vor der Küste von Somalia, wo vor einigen Jahren Piraten Schlagzeilen gemacht haben, die Handelsschiffe gekapert und nur gegen Lösegeld wieder freigelassen haben. Dort arbeiten Europäer, Amerikaner und Chinesen beim Kampf gegen die Piraterie erfolgreich zusammen, obwohl es ansonsten genug Streit zwischen China und den USA gibt.
Aber selbst wenn es so wäre, dass die EU dies alleine leisten müsste, würden wir bei über 20 EU-Staaten von durchschnittlich weniger als sieben Milliarden pro Staat sprechen. Das sind keine großen Summen, wenn man bedenkt, dass Deutschland ohne mit der Wimper zu zucken spontan 30 Milliarden pro Jahr für Migranten ausgeben kann oder dass die Banken im Zuge der Griechenlandkrise ebenso spontan mit noch viel größeren Summen gerettet wurden.
Und von einem Nato-Austritt der USA würde Europa profitieren, denn ohne den Druck der USA wäre es weder zur Ukraine-Krise gekommen, noch zu den damit begründeten Russland-Sanktionen, die vor allem der EU selbst geschadet haben und nur auf Druck aus Washington überhaupt zu Stande gekommen sind. Die Sanktionen allein haben die EU Dutzende Milliarden Euro gekostet.
Und im Falle eines Krieges mit Russland würde es der Studie zufolge richtig teuer werden:
„Hier rechnen die IISS-Wissenschaftler mit reinen Investitionskosten von 288 bis 357 Milliarden Dollar. Mit bis zu 78 Milliarden Dollar würde in diesem Fall die Anschaffung von bis zu 90 Batterien von „Patriot“-Abwehrraketen am höchsten zu Buche schlagen. Auf die Abwehrraketen würden schwere Kampfpanzer, Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge als nächste große Posten folgen.“
Nur kann man diese Zahlen auch bezweifeln, denn derzeit ist allein der Wehretat Frankreichs schon höher, als der russische Wehretat. Man fragt sich also, warum die Studie auf die Idee kommt, dass noch einmal das sechsfache des russischen Wehretats draufgesattelt werden muss.
Dass ein Krieg mit Russland im übrigen ein unrealistisches Szenario ist, steht auf einem anderen Blatt. Russland hat genug Bodenschätze und Ressourcen und braucht kein Land anzugreifen, der Preis wäre im Vergleich zum möglichen Gewinn viel zu hoch. Warum sollte Russland einen Krieg beginnen, bei dem es nichts zu gewinnen hat? Daher hat Russland in den letzten Jahrhunderten nie einen Angriffskrieg gegen Europa geführt, wurde aber selbst immer wieder aus Europa angegriffen.
Der Artikel passt also zu der konsequenten Linie von Politik und Medien, uns auf höhere Militärausgaben und das russische Feindbild einzustimmen, beides braucht in Wahrheit niemand außer der Rüstungslobby.
Und die Auflösung des Rätsels, warum die Studie diese Ergebnisse vermittelt, steht am Ende des Artikels:
„Das Auswärtige Amt in Berlin hatte zu der Studie angeregt und diese mitfinanziert.“
Und bei politischen Studien ist eines unbestritten: Derjenige, der sie bezahlt, sagt auch, was im Ergebnis herauskommen soll.
Eine Antwort
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Nächster Beitrag: Ukraine-Update: politische Grabenkämpfe und neue strafrechtliche Ermittlungen
Der Vergleich mit den Militärausgaben hinkt gewaltig. Während Russland mit wenig Korruption und einer staatlichen Rüstungsindustrie arbeitet, verschwinden in den USA und Europa 40-50% der Militärausgaben in dunklen Kanälen.
Somit kann man die Ausgaben Russlands schon vergleichbar auf 120 Milliarden anheben.
Jetzt kaufen wir Waffen bei privaten Rüstungskonzernen, am besten in den USA. Für die Neuentwicklung von Waffen bekommen diese Fördermittel, die sicherlich zu 80% zweckentfremdet verwendet werden.
Dann wollen diese Firmen auch noch verdienen. Sehr gut verdienen. Man kann die Höhe der Gewinne schon als „Sittenwidrig“ bezeichnen.
Demnach kann man die Ausgaben Russlands schon auf 240 Milliarden anheben.
Jetzt kommen auch noch die Personalkosten hinzu. Hier in Deutschland geht man nur zur Bundeswehr, wenn man in der freien Wirtschaft keinen Job bekommt. In Zeiten, in denen die Wirtschat händeringend Fachpersonal sucht, bekommt die Bundeswehr nicht einmal genug von den Pfeifen, die keiner gebrauchen kann, da diese auch schon von der Wirtschaft notgedrungen genommen werden. Um gutes Personal zu erhalten müssen die Gehälter stark anziehen, damit auch mal was Brauchbares zum Militär geht.
In Russland ist das Personal durch die ständige Bedrohung durch die USA bis in die Haarwurzel motiviert.
Personalkosten (Masse statt Klasse) müssen in den Westlichen Ländern daher viel höher angesetzt werden.
Demnach kann man die Ausgaben Russlands schon auf 480 Milliarden anheben.
Jetzt kommen wir zu den Waffen. Russland hat durch konsequente Weiterentwicklung seiner Waffensysteme den Westen weit hinter sich gelassen. Die viel effektiveren Waffen Russlands können dann nur mit mehr Waffen gekontert werden.
Die Vergleichbaren Ausgaben Russlands können damit auf 960 Milliarden € angesetzt werden.
Russland hat somit vergleichbar fast genau so hohe Ausgaben wie die Nato.
Wir müssen daher unbedingt die Militärausgaben erhöhen!!